Kennen Sie im Alltag so Momente, wo Ihnen alles über den Kopf wächst und sie nicht mehr klarsehen? In einer solchen Situation kann es hilfreich sein, eine andere Perspektive einzunehmen, die ganze Sache mal sozusagen von außen anzuschauen.
Eine sehr wirkungsvolle Methode dazu ist, aktiv den Null-Punkt zu setzen. Unter dem Null-Punkt verstehen wir im Konzept Spirit of Energy® ein Innehalten, den gegenwärtigen Moment wahrnehmen, also das was genau JETZT ist, wie wenn wir gewissermaßen eine Vollbremsung machen und uns umschauen, um uns wieder neu zu orientieren. Das ist zuerst eine kognitive Entscheidung und dann ein bewusstes Tun.
Wie wende ich das im Coaching an?
Am Anfang einer Sitzung erzählt der Klient von sich und seiner Situation, seinem Thema oder seinem Problem mit all den damit verbundenen Emotionen und Bewertungen. Da geht es dann darum, den Klienten in die Gegenwart zu holen. Das können wir tun, indem wir den Null-Punkt setzen.
Das heißt ich lade den Klienten ein, sich auf den gegenwärtigen Moment zu konzentrieren. Er soll versuchen, wahrzunehmen wir er steht oder sitzt, wie sich der Boden unter den Füssen anfühlt, ob es für ihn zum Beispiel kalt oder warm ist. Einfach nur wahrnehmen, nicht bewerten. Ich kann dem Klienten auch anbieten, ein paar Schritte zu gehen oder einen Schluck Wasser zu trinken, damit er ganz in der Gegenwart ankommen kann.
Denn wenn wir ganz in der Gegenwart sind, können wir uns auch überlegen, wie es denn sein soll, wenn es anders ist, wenn es dann so ist, wie wir es uns wünschen würden. Und dann kann eine Strategie entwickelt werden, wie wir dahin kommen können.
Auf dem Tisch, wo ich mit meinen Klienten arbeite, habe ich einen Null-Punkt liegen. Der erinnert mich immer wieder daran, dieses Instrument zu benutzen. Ich kann ihn auch mit dem Klienten ganz konkret ansprechen und auch allenfalls als Bodenanker bei der Arbeit nutzen.
Den Null-Punkt setzen kann ich auch privat für mich selber anwenden. Ich möchte das an einem Beispiel aus meinem Alltag erklären:
Ich stecke bei der Arbeit gerade in einer stressigen Situation, von allen Seiten wird nach mir gerufen, alle wollen etwas von mir, dazu läutet auch noch das Telefon. Meine Gedanken fangen an sich zu überschlagen, warum und wieso, wo soll ich anfangen, was wird werden? Ich spreche schnell und hastig, kann keinen klaren Gedanken mehr fassen…
Da sage ich mir in Gedanken: Stopp! Ich schließe ganz kurz die Augen und mache einen oder zwei tiefe Atemzüge und dann schaue ich die Situation nochmals an. So wie wenn ich von außen dazu käme und die Situation zum ersten Mal sehen würde. Eins nach dem anderen, ohne zu bewerten, einfach was ist. Und meistens sehe ich dann, wie ich der Reihe nach vorgehen möchte, was das Wichtigste ist und ich als Erstes tun möchte. Und so ergeben sich aus dem ersten Schritt auch die weiteren. Und wenn ich ruhig und gelassen eins nach dem anderen angehe, überträgt sich das auch auf meine Kollegen und ich beeinflusse die Atmosphäre im ganzen Büro positiv.
Je mehr ich das im Alltag ganz bewusst öfters tue, desto einfacher und selbstverständlicher wird es und ich wende es auch im Coaching immer bewusster an.
Das „Null-Punkt setzten“, also dieses Innehalten braucht nur ganz wenig Zeit, ist einfach auszuführen und ist doch so wirkungsvoll.
Probieren Sie es einfach aus!
Geschrieben von Judith Schibler