Junge Sportler und ihr Umfeld

Kürzlich kam eine junge Frau zu einem Coaching, da sie in drei Tagen ihren ersten Kampf hatte in einer asiatischen Kampfsportart. Dies war ein grosser Anlass, welcher den ganzen Tag dauerte. Am Morgen waren Qualifikationskämpfe angesagt und am Abend fanden die Hauptkämpfe statt. Ihr Kampf gehörte als erster Kampf des Abends dazu, also als eine Art Eröffnungskampf.
Sie war sehr nervös, litt teilweise darunter, dass sie drei Kilo abnehmen musste damit sie gegen die Gegnerin überhaupt antreten durfte.

In einer ersten Runde, wo sie erzählte was sie beschäftigte, waren die Hauptschwerpunkte und folgende Themen im Vordergrund: Erwartungen erfüllen müssen für das Umfeld, die eigenen Erwartungen erfüllen, Angst vor dem Verlieren. Sie hat mir auch erzählt, dass sie rein technisch diesen Kampf gegen die Gegnerin eigentlich gewinnen müsste, obwohl es für diese Teilnehmerin bereits der dritte Kampf war und diese dadurch über mehr Kampferfahrungen verfügte. Gemäss eigenen Angaben nahmen ihr die oben genannten Ängste die ganze Energie. Genau diese Energie brauchte sie aber dringend um erfolgreich zu kämpfen.

Sie hat anschliessend für diesen Kampftag einen Wunsch formuliert, welcher die Ängste und hohen Erwartungen mit einbezog. Wir haben also die Rahmenbedingungen aktiv gestaltet und uns nicht primär dem Kampf als solches gewidmet oder nur gerade den in den Fokus genommen. Des Weiteren haben wir speziell für den Wettkampftag, zusätzlich zu den zwei anderen Karten vom Protokoll (Rendezvous mit dem Unbewussten) die vier Punkte geklopft, welche zu jedem Element gehören. Dies war zusätzlich zu dem Protokoll, da die junge Frau mehrmals ausgesagt hatte, dass sie Angst hätte zu sehr nervös zu sein während des ganzen Tages und dadurch ihre Leistung nicht zeigen könne.
Es ist meiner Meinung nach wichtig, gerade für einen jungen Sportler, dass das Leben noch anderes beinhaltet und dass aus Niederlagen wichtige Lerneffekte für die Zukunft gezogen werden können. Eine Tatsache ist aber auch, dass wenn zwei Sportler sich gegenüber im Kampfsport stehen – es zwingend einen Verlierer und einen Sieger geben wird. Die Wahrscheinlichkeit ist dementsprechend hoch, mehrere Male als Verlierer aus dem Ring gehen zu müssen.

Es hilft und wirkt an dieser Stelle unterstützend, sich in diesen Bereichen Gedanken zu machen wie beispielsweise: was bedeutet für mich gewinnen/verlieren? Wie gehe ich mit dem Besiegten oder Gewinner um? Welche Anteile habe ich daran, dass ich so viel Druck vom Umfeld spüre?

Dies sind einige wichtige Aspekte, aber auch gerade weil Sport von der Gesellschaft so positiv als Lebensschule angenommen wird, gilt es etwas Wichtiges zu beachten: wie gehe ich mit der Situation im anderen Leben um, bzw. im off-Sport Leben. Da gibt es sehr viele Bereiche, welche nur funktionieren wenn es ein partnerschaftliches Miteinander gibt. Hier ist es nicht gefragt zu gewinnen oder zu verlieren. Während ich dies schreibe merke ich selber, dass es auch in anderen Bereichen, vor allem aber in einigen Branchen der Arbeitswelt immer noch genau um diese Angelegenheit geht. Spätestens aber im persönlichen Bereich, im engen Umfeld treten Schwierigkeiten auf, wenn die andere Person als gleichberechtigt wahrgenommen werden will.

Um auf die junge Sportlerin zurückzukommen. Sie hat den Kampf verloren. Sie hatte starke Dellen am Kopf und teilweise auch am Körper. Sie anerkannte, dass die Gegnerin stärker war in diesem Kampf und überlegter. Sie hat bereits einige Kenntnisse für einen nächsten Kampf mitgenommen. Was ich bemerkenswert fand, sie konnte den Tag bevor sie den Kampf hatte, laut ihren Aussagen, stressfrei geniessen. Sie bekam jede Menge positiver Rückmeldung exakt von ihrem Umfeld, wo sie anfänglich das Gefühl hatte, dass sie nur zufrieden mit ihr sind, wenn sie gewinnen würde.

Geschrieben von Mirjam Gerber